Ortschaft in Ostfriesland, seit 1237
DIE LANDWIRTSCHAFT
In den dreißiger Jahren gab es in der Gemeinde Eggelingen 29 landwirtschaftliche Betriebe. Die meisten waren wohl
zwischen 20 und 45 ha groß. Die Durchschnittsgröße mag bei 35 ha gelegen haben. Man kann mit Sicherheit davon
ausgehen, daß es diese Höfe bereits vor 1914, ja schon vor der Jahrhundertwende in dieser Größenordnung gegeben
hat.
Auf den Höfen wurde damals sowohl Ackerbau als auch Viehwirtschaft betrieben. In einem mittleren Betrieb gab es
15 bis 20 Milchkühe. Im Jahre 1909 wurde die Molkereigenossenschaft Wittmund gegründet. Bis dahin wurden die
Milchprodukte, Butter und Käse, auf den Höfen hergestellt und auf dem Markt oder privat verkauft, soweit sie nicht
dem Eigenbedarf dienten.
Nach Gründung der Molkereien kauften diese die erzeugte Milch weitgehend auf. Die Milchtransporte wurden an
Milchfuhrleute verdungen, die als selbständige Fuhrunternehmer die Milch von den Höfen einsammelten oder von
Sammelstellen abholten und zur Molkerei transportierten. Bei Bedarf lieferten die Molkereien Magermilch, Butter und
Käse zurück. Der Transport der Milch erfolgte in Milchkannen, die durchweg 20 1 faßten, per Pferdegespann. Im
Winter benutzten die Fuhrleute Ackerwagen, im Sommer sogenannte Rollwagen, die eine größere und niedrigere
Ladefläche hatten. Von Höfen, die an sogenannten Kleiwegen lagen, wurden die Milchkannen während anhaltender
Regenperioden, wenn die Wege grundlos waren, per Schlitten zu den Sammelstellen gezogen.
Aus unserer Gemeinde gingen täglich zwei Milchfuhren zur Wittmunder Molkerei und zwei Milchfuhren zur Molkerei in
Jever. Soweit die Fuhrleute durch ihren Betrieb nicht ausgelastet waren, betrieben sie selbst kleine Landwirtschaften
oder waren als Landarbeiter tätig. Von ihren Milchtouren waren sie gegen Mittag zurück.
Im Ackerbau wurden damals alle hier gängigen Getreidearten angebaut, nämlich Weizen, Hafer, Gerste und wenig
Roggen. Zur Schonung des Bodens wurde eine gewisse Fruchtfolge eingehalten, z. B. von der Brache (ungenutztes
Land) über Winterkorn, Hafer, Klee, Bohnen, Weizen. Diese Fruchtfolge konnte aufgegeben werden mit der
Einführung des Kunstdüngers. Außer den genannten Getreidearten wurden für den eigenen Viehfutterbedarf teilweise
noch Futterkohl und Runkelrüben angepflanzt. Die Rüben wurden während des Winters in sogenannten Mieten
gelagert. Große, langgestreckte Haufen Rüben lagerten in Erdmulden und wurden zuerst mit Stroh, dann mit Erde
bedeckt.
Im übrigen wurde auf jedem Hof für den Eigenbedarf ein Gemüsegarten gehalten. Kartoffeln wurden hier nur für den
Eigenbedarf gepflanzt. Obstbäume waren auf manchen Höfen in ausreichender Zahl vorhanden. Durchweg wurden
mehrere Schweine gemästet und geschlachtet. Die Hühnerhaltung war Sache der Bäuerin. Der Bauer und seine
Familie mit dem Gesinde konnten sich mithin mit Milch, Gemüse, Kartoffeln, Obst, Butter, Eiern und Fleisch aus dem
eigenen Betrieb selbst versorgen, gegebenenfalls auch mit Getreide und Brot.'
Bei der großen Zahl der auf einem mittleren Hof lebenden Menschen war der Bedarf an Lebensmitteln allerdings auch
groß. Neben dem Betriebsinhaber und seiner Frau arbeiteten auf dem Hof ein Großknecht und ein Kleinknecht, eine
Großmagd und eine Kleinmagd und ein landwirtschaftlicher Arbeiter. Die Knechte und Mägde waren unverheiratete
junge Leute, die neben ihrem Barlohn Kost und Logis hatten; sie wohnten also mit auf dem Hof. Der
landwirtschaftliche Arbeiter war meistens ein Mann, der selbst Familie hatte. Oft wohnten die landwirtschaftlichen
Arbeiter in sogenannten Arbeiterhäusern, die vielfach zum Hof gehörten. Andere hatten eigene Häuser.
Die Bezeichnungen Knecht und Magd für die Mitarbeiter in der Landwirtschaft waren damals noch allgemein üblich
und bedeuteten nicht unbedingt etwas Abwertendes. Allerdings sollten diese Bezeichnungen in den dreißiger Jahren
nicht mehr gebraucht werden. Als offizielle Berufsbezeichnung wurden stattdessen die Begriffe landwirtschaftlicher
Gehilfe oder landwirtschaftliche Gehilfin eingeführt. Trotzdem haben sich die Bezeichnungen Knecht und Magd noch
lange gehalten. Es gab unter ihnen junge Leute, die ihrem Bauern oft jahrelang die Treue hielten. Andere wechselten
oft ihren "Brotherrn". Der Wechsel erfolgte jeweils zum 1. Mai.
Die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes erforderte damals erheblich mehr menschliche Arbeitskraft
als heute. Melkmaschinen gab es noch nicht. Die Kühe mußten per Hand gemolken werden. Die Versorgung der Tiere
mit Futter und das Ausmisten der Ställe mit Schuppe, Forke und Schiebkarre war eine zeitraubende Arbeit. Für die
Arbeit auf den Weiden, Wiesen und Feldern gab es zwar schon manches technische Gerät. Die ersten Mähmaschinen
wurden bereits vor dem ersten Weltkrieg angeschafft und in den dreißiger Jahren gab es sie wohl auf den meisten
Höfen. Wer keine eigene Mähmaschine hatte, konnte sich eine bei den Schmieden mieten. Schmiedemeister Becker
hielt zwei, Meister Claassen eine Mähmaschine zum Vermieten zur Verfügung. Die meisten Höfe waren alsdann auch
mit fahrbaren Harkmaschinen und Heuwendern ausgerüstet. Alle diese Maschinen wurden durch Pferde in Gang
gesetzt und fortbewegt. Das Getreide wurde noch per Hand mit "Sicht un Hick" geschoren. Erst Ende der dreißiger
Jahre kurz vor dem Kriege tauchten hier die ersten Schermaschinen mit Selbstbindeanlage auf. Aber meistens
wurden die Getreidegarben noch mit der Hand gebunden und zu "Hocken" zum Trocknen aufgestellt. Sowohl das Heu
als auch das Getreide wurden nach dem Trocknen mit Forken auf Ackerwagen geladen und hoch aufgetürmt mit
einem "Punterboom" befestigt. Das Abladen auf der Dreschdiele geschah ebenfalls per Hand mit Forken. Zum
Verteilen und Stapeln im "Fack" oder "up Hill" waren gleichzeitig mehrere Arbeitskräfte nötig, die sich das Ladegut
gegenseitig zuarbeiteten und möglichst platzsparend verstauten. Bei großer Hitze war das unter den heißen Ziegeln
eines Bauernhauses eine Knochenarbeit.
Neben den schon erwähnten Geräten gab es auf den Höfen selbstverständlich Pflüge, Eggen, auch Sähmaschinen
und an Transportmitteln mehrere Ackerwagen, durchweg einen "Fedderwagen" (einen gefederten Wagen), eine
Erdkarre und für sonntags zum Ausfahren vielfach einen "Utfohrderwagen". Alle Fortbewegungsmittel wurden durch
Pferde gezogen. Das Pferd war daher damals ein Haus- und Zugtier, auf das man in der Landwirtschaft noch nicht
verzichten konnte. Auf jedem Hof gab es mehrere, auf größeren Höfen bis zu sechs, so daß jeweils mehrere
Gespanne gleichzeitig eingesetzt werden konnten.
Im Herbst, wenn nach der Ernte die Feldarbeit beendet war, waren die Leute auf dem Hof keineswegs arbeitslos. Es
kam dann die Zeit des Getreidedreschens. Das Dreschen mit Göpel, Block oder gar Dreschflegel wurde nur noch
vereinzelt betrieben. Stattdessen gab es Lohnunternehmer, die Dreschmaschinen besaßen, die mit einer Maschine,
meistens einem Lanz-Bulldog, fortbewegt und angetrieben wurden. Damit zogen sie von Hof zu Hof, wo dann das
Getreide jeweils in wenigen Tagen gedroschen wurde. Das Heulen der Gebläse der Dreschmaschinen war im Herbst
typisch. Selbst im Dorf konnte man hören, wenn z. B. bei Edzard Ulfers in Itzhausen gedroschen wurde. Die
Dreschmaschinenunternehmer brachten ihre eigenen Arbeitskräfte, zumindest das Stammpersonal, mit. Während des
Dreschens waren auf dem Hof noch mehr Leute als sonst tätig. Es waren oft rauhe Gesellen darunter. "Maschinkers"
wurden sie von den Dorfbewohnern genannt. Und wenn sie nach Feierabend einmal zu sehr dem Alkohol
zugesprochen hatten, ging man ihnen am besten aus dem Weg.
1924 hatte Eggelingen Anschlug an den elektrischen Strom erhalten. Einige Bauern schafften sich daraufhin kleine
Elektromotoren an, mit denen sie selbst Dreschmaschinen betreiben konnten. Auf einigen Höfen gab es auch kleine
Schrotmühlen, die mit Hilfe dieser Elektromotoren betrieben wurden. Die Landwirte, die damit ausgerüstet waren,
konnten zumindest einen Teil ihres Getreides zu Futtermehl für den eigenen Bedarf mahlen. Ansonsten wurde das
Getreide an die umliegenden Müller verkauft, die dafür Mehl zurücklieferten. In Wiefels, Berdum und Middoge gab es
Windmühlen, und die Müller waren wenigstens einmal in der Woche mit ihren Gespannen hier, um Getreide zu holen
und Mehl an ihre Stammkunden zu liefern. Sie kamen an bestimmten Tagen, und es hieß dann: "Müllerwagen is in
d'Dörp". Hier im Dorf betrieb der Gast- und Landwirt Gerhard Otten eine Motormühle. Sie wurde jedoch Mitte der
dreißiger Jahre aufgegeben.
Die Entwässerung in unserer Gegend ließ damals sehr zu wünschen übrig. In regenreichen Sommern standen die
Heu- und Getreidehocken oft im Wasser, und es konnte Wochen dauern, bis die Ernte einigermaßen trocken war und
eingefahren werden konnte. Im Herbst, aber auch oft im Sommer, standen die Ländereien um das Dorf, vielfach aber
auch die Gemeindewege unter Wasser. Verständlich, daß die Bauern versuchten, so gut es ging für eine ausreichende
Entwässerung ihrer Ländereien zu sorgen. Das "Schlöten" der Gräben war daher eine zeitraubende und harte Herbst-
und Winterarbeit. Es gab Landarbeiter, die dafür bekannt waren, daß sie das "Schlöten" besonders gut beherrschten.
Sie standen dann in "Stävelholtschen" im Graben und stachen mit dem Spaten die Kanten der Gräben schnurgerade
ab. Die Grabensohle wurde mit dem "Lot", einem schweren Gerät, das wie eine umgedrehte Schuppe aussah,
aufgereinigt. Der Stiel an diesem Gerät war im spitzen Winkel angebracht und so lang, daß man damit von der
Grabenkante bis zur Grabensohle reichen und die abzuräumende nasse Erde hochziehen konnte.
Aufwendig war im Frühjahr oder Herbst auch das Dungfahren, das mit Ackerwagen betrieben wurde. Der Misthaufen
war zwar im Gegensatz zu heute kunstgerecht gestapelt, so daß sich der Mist beim Aufladen mit der Forke nicht allzu
schwer löste; trotzdem war das "Messupslaan" eine schwere Arbeit.
Viel Zeit erforderte damals auch die Unkrautbekämpfung auf den Feldern. Chemische Unkrautbekämpfungsmittel
wurden kaum oder überhaupt nicht eingesetzt. Wenn im Frühjahr das Getreide etwa 15 cm hoch war, gingen Arbeiten
reihenweise durch die Felder und stachen die aufkommenden Disteln ab. Sie waren ausgerüstet mit einem
spatenähnlichen scharfen Gerät, dem Stiekelspaten. Das "Stiekelstäken" war eine verhältnismäßig leichte Arbeit, so
daß auch oft Kinder dazu eingesetzt wurden, die sich so ihr erstes Geld verdienten. Schwerer und mühsamer war im
Frühjahr schon das Kohl- und Rübenhacken und Rübenverziehen (Runkels up een luken). Im Herbst war die
Runkelernte (Runkels utkriegen) die letzte schwere Feldarbeit. Jede einzelne Rübe wurde mit den Händen aus der
Erde gezogen und mit einem Messer von ihrem Laub befreit. Gegen die Nässe schützte man sich durch
Sackschürzen. Kalte Füße, nasse Kleider und klamme Finger gab es dabei immer.
Unter den geschilderten Umständen ist es verständlich, daß damals viele Arbeitskräfte in der Landwirtschaft benötigt
wurden. Die Landwirtschaft war seinerzeit mehr noch als heute der wesentliche Wirtschaftsfaktor der hiesigen
Landgemeinden. Indirekt verdienten daran auch andere Wirtschaftszweige im Ort, z. B. die Gewerbebetriebe.
Als 1939 der Krieg ausbrach, wurden auch die jungen Leute eingezogen, die in der Landwirtschaft arbeiteten. Später
mußte ein Teil der Landwirte, sofern sie noch im wehrpflichtigen Alten waren, selbst Soldat werden. Die fehlenden
Arbeitskräfte wurden, wie übrigens schon im ersten Weltkrieg, weitgehend ersetzt durch Kriegsgefangene. Hinzu
kamen zivile ausländische Arbeitskräfte, die, zumeist gegen ihren Willen, aus den von der Deutschen Wehrmacht
besetzten Gebieten nach hier verbracht wurden. Es handelte sich hauptsächlich um Polen, Russen und Ukrainer.
Mehr dazu unter dem Abschnitt "Zweiter Weltkrieg".
In den Kriegsjahren machte sich das Fehlen fachkundiger Mitarbeiter und vielfach auch der Betriebsleiter bei der
Bewirtschaftung der Höfe nachteilig bemerkbar. Mancher Betrieb wurde von Frauen oder von Altbauern, die
eigentlich schon im Ruhestand sein sollten, geleistet. Hinzu kam noch, daß im Zuge der Kriegswirtschaft Getreide
und Vieh nach Normen abzuliefern waren.
Als nach dem Kriege die eigenen Leute zurückkehrten und viele Flüchtlinge aus dem Osten nach hier verschlagen
wurden, gab es für die Landwirtschaft wieder Arbeitskräfte genug. Manche Flüchtlinge waren gerne bereit, nur für
Essen und Trinken auf dem Hof mitzuarbeiten. Untergebracht waren viele von ihnen ohnehin auf den Höfen.
In den Jahren nach dem Kriege änderte sich die Art der Wirtschaftsführung in der Landwirtschaft kaum. Auch die
Landwirtschaft als Nebenerwerb wurde zunächst keineswegs aufgegeben, sondern eher noch verstärkt betrieben.
Wie schon vor dem Kriege gab es im Dorf kaum ein Haus, in welchem nicht wenigstens eine Kuh, meist mehrere
gehalten wurden. Sofern die Arbeiter und Gewerbetreibenden kein eigenes Land hatten, gab es die Möglichkeit, eine
Kuhweide zu pachten. Die Kirchengemeinde, die etwa 50 ha eigenes Land hatte, verpachtete dieses an die Dorfleute,
die die Viehhaltung im Nebenerwerb betrieben. Zusätzlich wurde das Gras, das auf den Bernren der Kreisstraße und
der Gemeindestraßen und -Wege wuchs, genutzt. Diese Grasflächen wurden alle paar Jahre vom Kreis und von der
Gemeinde verpachtet. Oft gab es böses Blut, wenn dabei ein Interessent den anderen überbot. Da das Gras an den
Straßen- und Wegrändern regelmäßig gemäht und zu Heu gemacht wurde, machten diese Bereiche damals einen
gepflegteren Eindruck als heute.
Schweinehaltung und -zucht war auf vielen Höfen ein zusätzliches Standbein der Wirtschaftsführung. Aber auch der
"kleine Mann" im Dorf verdiente durch Ferkelzucht und -verkauf so manche Mark nebenher. Schweineschlachten für
den eigenen Bedarf war fast in allen Haushaltungen selbstverständlich. Vor dem zweiten Weltkrieg gab es in der
Gemeinde vier Hausschlachter, die ihre Tätigkeit in den Wintermonaten nebenberuflich ausübten.
Ein Strukturwandel in der Landwirtschaft setzte nur langsam ein. Die ersten, die sich Anfang der fünfziger Jahre auf
den Fortschritt umstellten, waren wohl die Milchfuhrunternehmer. Sie schafften ihre Pferde ab und legten sich
stattdessen Trecker zu. Die kleinen 20 Liter-Milchkannen wurden nach und nach abgeschafft und durch Milchtanks
ersetzt, die 150 Liter faßten. Sie wurden durch einen Kran auf den Wagen gehievt. Aber auch auf den Höfen wurden
die Pferde nach und nach abgeschafft und durch Zugmaschinen ersetzt. Die früheren Ackerwagen waren nun nicht
mehr zu gebrauchen. Stattdessen waren moderne Anhänger für die Trecker zu erwerben. Zu den Zugmaschinen
wurden zudem immer neue Zusatzgeräte eingeführt, so daß sie zum Pflügen, Eggen, Mähen, Heuwenden, Miststreuen
und allen möglichen Arbeiten eingesetzt werden konnten. Diese Entwicklung war jedoch nur möglich, weil durch den
Bau der Schöpfwerke an der Küste und durch die Verbreiterung und Begradigung der Entwässerungsgräben mit
modernen Mitteln für eine bessere Entwässerung gesorgt wurde. Bei den hohen Wasserständen in den früheren
Jahren wäre ein Einsatz der schweren Fahrzeuge und Geräte auf den durchweichten Feldern, Wiesen und Weiden
nicht möglich gewesen. Daß im Zusammenhang mit dieser Entwicklung auch die Gemeindestraßen und -Wege
ausgebaut wurden, haben wir schon erwähnt.
Anfang der sechziger Jahre wurden auch hier die ersten Mähdrescher eingesetzt. Zunächst wurden sie betrieben von
landwirtschaftlichen Lohnunternehmern. Für die Eggelinger Landwirtschaft haben sie jedoch nicht mehr die
Bedeutung, die man ihnen zunächst beimaß; denn inzwischen wird hier kaum noch Getreide angebaut. Die hiesigen
Landwirte haben sich weitgehend auf Milchwirtschaft spezialisiert. Ihre Viehherden sind um das Drei- bis Vierfache
größer geworden. Auf einem mittleren Hof gibt es heute 60 bis 70 und mehr Kühe. Dieser Entwicklung fielen
eigenartigerweise zunächst die Milchfuhrleute zum Opfer, denn im Zuge der Rationalisierung schafften sich die
Molkereien 1970 eigene Milchtankfahrzeuge an. Auf den Höfen gibt es jetzt Milchkühlanlagen, in denen die großen
Milchmengen aufbewahrt werden, bis sie von den Fahrzeugen der Molkereien abgeholt werden.
Für die verstärkte Viehhaltung reichten die Ställe bald nicht mehr aus. Für den Hau moderner Viehställe mit modernen
Fütterungs- und Entmistungsanlagen und für die Errichtung von Nebengebäuden für den umfangreichen
Fahrzeugpark mußten die Bauern viel Geld investieren. Wer diese Entwicklung nicht mitmachte, blieb auf der Strecke.
Von den eingangs erwähnten 29 Betrieben wurden inzwischen sieben aufgegeben. Ihre Betriebsflächen wurden
anderen Höfen zugeschlagen, so daß die Durchschnittsgröße der verbliebenen Betriebe gewachsen ist. Die
insgesamt bewirtschaftete Fläche ist nur um ein Geringes kleiner geworden. Die Zahl der Beschäftigten in der
Landwirtschaft ist jedoch erheblich zurückgegangen. Es gibt kaum noch einen Hof, auf dem fremde Arbeitskräfte
beschäftigt sind. Dank der modernen Technik, aber auch mit Hilfe chemischer Mittel, z.B. zur Unkrautbekämpfung,
kann ein Hof heute mit wenigen Arbeitskräften bewirtschaftet werden. Ob und welche Probleme die
Massentierhaltung, der Einsatz chemischer Mittel, eine etwaige Überdüngung des Bodens und eine Senkung des
Grundwassers durch intensive Entwässerung für die Umwelt aufwerfen, können wir nicht beurteilen.
Wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Viehhaltung ist der Zucht leistungsfähiger Viehbestände ein
besonderes Augenmerk zu widmen. Viele Eggelinger Betriebe sind Mitglieder im Verein "Ostfriesischer
Stammviehzüchter", der bereits vor ca. 110 Jahren gegründet wurde. Die Förderung der Zuchttiere wurde besonders
in den Vordergrund gestellt. In Eggelingen befaßten sich folgende Betriebe intensiv mit der Herdbuchzucht: Oltmanns
(Großwarfen), Galts (Greehörn) und Burchards (Greehörn).
Die älteste Kuhfamilie des Züchters Oltmanns ist nachweisbar 100 Jahre alt. Die Kuhnamen Jeroma, Jespla und
Lanka sind noch heute im Betrieb vorhanden. Erzielt wurden sehr hohe Preise auf Kreis-, Verbands- und
Landesebene. Die Jeromas und deren Nachzucht errangen des öfteren Siegerpreise auf den höchsten Schauen.
Wertvolle Zuchtbullen wurden in ganz Deutschland sowie ins benachbarte Ausland nach Holland und Belgien
verkauft. Der Bulle Nimrod wurde Blutlinienbegründer in Ostpreußen. Schon damals wurden für wertvolle Zuchtbullen
und -rinder hohe Preise erzielt. So konnten aus der Oltmannschen Herde im Jahre 1926 zwei Bullen für 6.000 bzw.
4.000 Goldmark verkauft werden. Für dieses Geld konnte man in diesen Jahren ein Hofgebäude neu erstellen. Für
besondere Verdienste in der Herdbuchzucht wurde dem Züchter Oltmanns im Jahre 1936 der Staatsehrenpreis
zuerkannt.
Die Maul- und Klauenseuche erschwerte die Zuchtarbeit sehr, und es gab immer wieder schwere Rückschläge.
Besonders schlimm war dies in den zwanziger und dreißiger Jahren.
Um Zuchtfortschritt bestrebt, wurden weite Wege in Kauf genommen, um die Kühe von guten Bullen belegen zu
lassen. Die Leistungen der Kühe lagen vor dem zweiten Weltkrieg bei ca. 3.500 bis 4.000 kg Milch mit durchschnittlich
3,4 % Fett. Es gab aber auch schon damals Kühe, die 6.000 kg Milch und mehr gaben.
Nach dem zweiten Weltkrieg waren es die Zuchtbetriebe Galts und Hurchards, die mit ihren Tieren auf Kreis-,
Verbands- und Landesebene auftraten. Auch sie erzielten sehr hohe Preise auf diesen Ausstellungen. Besonders
erwähnt werden muß der I-Stamm des Züchters Hans Galts. Mit diesem Kuhstamm erzielte er auch auf DLG-Schauen
gute Erfolge. Auch dieser Kuhstamm ist heute noch in der Galtsschen Herde präsent. Wertvolle Zuchttiere wurden
aus diesem Stamm verkauft.
Durch den Zukauf wertvoller Kühe aus der Siebelsschen Herde baute Otto Burchards seinen wertvollen Kuhbestand
auf. Auch er hatte schon gute Erfolge auf verschiedenen Schauen.
Durch die Einführung der künstlichen Besamung war es allen Betrieben möglich, ihren Kuhbestand bzw. die
Leistungen zu verbessern. In Eggelinger Betrieben werden heute Herdenleistungen von 8.000 1 und mehr erzielt. 16
Betriebe in Eggelingen sind dem Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter angeschlossen. Die Vermarktung der
weiblichen Tiere erfolgt überwiegend über den Zuchtverband. Tiere aus Eggelingen wurden schon in zahlreiche
Länder der Erde exportiert. Die Leistungskontrolle obliegt dem Wittmunder Kontrollverein.of Dirks (jetzt Fauerbach)
und vom Schluisweg aus "Jan Reents sien Spoor", das war der Weg zum Hof Reents.